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Ausgangsbetrachtung
Zurück in Hanoi
Thailand/Koh Samet 8.8.2013
Aus meiner Reise in die Highlands des Nordens hatte ich das Maximum herausgeholt und auch Unglaubliches gesehen, mehr war in den elf Tagen nicht unterzubringen. Dementsprechend erschöpft kehrte ich nach Hanoi zurück und bewegte mich am ersten Tag nicht aus dem Hotel hinaus. Meine Batterien mussten wieder aufgeladen werden und da bot sich die auch auf einer Weltreise anfallende „Büroarbeit“ als Ausgleich an. Schlafen, Essen und Computer, das war das Programm. Jetzt mag zwar Hanoi eine interessante Hauptstadt innerhalb Asiens sein, doch ein ruhevoller friedlicher Ort zur Erholung schaut anders aus. Aus diesem Grund hatte ich im Hinterkopf schon die Idee, endlich einmal einen wirklich tollen Strand in Vietnam ausfindig zu machen, was mir mit Abstrichen bisher nur mit Mui Ne gelungen war.

Auch am zweiten Tag in Hanoi dauerte es bis in den Nachmittag hinein, dass ich vor die Hoteltüre gelangte. Ich hatte mich entschlossen das Viertel westlich der Altstadt zu erkunden. Das war alles gut zu Fuß erreichbar. Zunächst kam ich zum Ho-Chi-Minh Mausoleumskomplex. Dieser verkehrsfreie großflächige Bereich beinhaltet das Ho-Chi-Minh Mausoleum, das offenbar für viele Vietnamesen ein heiliger Wallfahrtsort ist, das Ho-Chi-Minh Museum, botanische Gärten, Pagoden und weitere Gedenkstätten. In dieser Gegend befinden sich überdies viele Regierungsgebäude und Botschaften, weswegen die Polizeipräsenz unangenehm hoch ist.
Es gibt zahllose Absperrungen, entlang der Begrenzungsmauern diverser Gebäude muss man auf die andere Straßenseite wechseln und auch das Fotografieren ist teilweise untersagt. Die Polizisten blicken grimmig und starr wie hypnotisiert und ein Lächeln kommt ihnen niemals aus. Dieses Szenario erinnert an längst vergangene Zeiten, ist aber hier im kommunistischen Vietnam Realität. Ich fand es einfach lächerlich und absolut entbehrlich.

Als ich den Weg in die Nähe des Mausoleums nach mehreren Anläufen gefunden hatte, konnte ich mich endlich auf die Architektur konzentrieren. Man hatte mir den direkten Zugang aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigert. Das monumentale Marmorgebäude ist ganz im Stil Lenins, Stalins und Maos gehalten, ich fand es aber dennoch nicht unattraktiv. Es ist ein auf mehreren Sockeln stehendes würfelförmiges Gebäude mit Säulen ringsherum und einem trapezförmigen Dach. Obwohl Ho-Chi-Minh ausdrücklich eine Feuerbestattung wünschte, wurden seine sterblichen Überreste hier in einem gläsernen Sarg aufbewahrt. Zwei Monate lang ist das Mausoleum jedes Jahr geschlossen, wenn nämlich der einbalsamierte Leichnam nach Moskau zur Neupräparierung und Neukonservierung geschickt wird. Ich habe mir die langen Warteschlangen, die Befolgung der zahlreichen strikten Regeln und den makabren Anblick erspart, indem ich draußen geblieben bin. Letztendlich kann man auch nicht wissen, ob nicht eine kopierte Wachsfigur ausgestellt wird.
Nicht weit davon befindet sich das namensgleiche Museum in einem riesigen im Sowjetstil errichteten Betongebäude. Auch hier fand ich das Äußere weit interessanter als den Inhalt und blieb draußen. Ich wanderte ein wenig im gepflegten botanischen Garten herum und beobachtete die Ablöse der weiß gekleideten Wachen des Mausoleums.

Gleich neben dem Museum steht die Einsäulenpagode, eines der Wahrzeichen von Hanoi. Sie hat eine lange Geschichte und eine Reihe von Legenden rankt sich um ihre Entstehung. Ich hatte mir etwas Besonderes erwartet, doch dieses kleine Heiligtum besteht aus Holz und wird von einer einzigen Steinsäule getragen. Sie steht in einem kleinen Teich umgeben von einer niedrigen Steinmauer und eine Steintreppe führt zum Altar, nett anzusehen, aber nicht aufregend. Ich verließ den Mausoleumskomplex und wanderte weiter zum in der Nähe liegenden Leninpark. Dort steht eine große Statue des russischen Revolutionärs inmitten einer gut bevölkerten schönen Grünanlage. Vis-a-vis ragt ein alter sechseckiger Flaggenturm in die Höhe, ein weiteres Wahrzeichen Hanois und daneben befindet sich das Militärmuseum. Obwohl ich nicht drinnen war, konnte ich von außen eine umfangreiche Sammlung verschiedener alter Kriegsgeräte wie Düsenjäger, Panzer, Kanonen und Kampfhubschrauber sehen. Am Rückweg erlebte ich die besorgniserregenden Auswirkungen der Rush-Hour. Es war ungeheuer laut und eine Luft zum Schneiden, auf Dauer ein krankmachender Cocktail.

Da ich in den folgenden Wochen noch öfter nach Hanoi zurückkehren würde, hatte ich es mit dem weiteren Besuchsprogramm nicht allzu eilig. Außerdem ist es nicht anzuraten, das Sightseeing wie besessen voranzutreiben, denn man wird irgendwann sehr müde und das Gesehene lässt sich nicht weiter verarbeiten. Man vergisst in der Folge auch leicht, was man eigentlich schon gesehen hat und beginnt, diverse Attraktionen zu verwechseln. Das wusste ich schon vor meiner Reise und jetzt war es Zeit, die Erkenntnis auch anzuwenden. Im Hotel lernte ich ein sympathisches junges Studentenpaar aus Deutschland kennen und wir vereinbarten für den Nachmittag eine gemeinsame Besichtigungstour. Wiederum im Viertel westlich der Altstadt besuchten wir den Literaturtempel. Die von einer Mauer umgebene schöne Anlage in gut erhaltener traditionell vietnamesischer Architektur setzt sich aus fünf gepflegten Innenhöfen zusammen und bietet eine Oase der Ruhe vor dem hektischen Treiben der Stadt. Das Bauwerk wurde ursprünglich von Kaiser Ly Thanh Tong im Jahr 1070 errichtet und ist Konfuzius und den bedeutendsten vietnamesischen Gelehrten und Schriftstellern gewidmet. In einer Pagode an der Nordseite befindet sich eine bemerkenswerte Statue von Konfuzius. Die Figur trägt einen Spitzbart und scharlachrote Kleidung und ist von vier Schülern umgeben, ein beeindruckendes Bild.

Vor dem Tempel tobte erneut die Rush-Hour, ein Ereignis auf das ich gerne verzichtet hätte. Es war schon bald 18 Uhr, doch wir hatten noch einiges vor. Wir bewegten uns vorbei am Regierungspalast in Richtung
Truc-Bach See und Westsee, die meine beiden Begleiter noch nicht gesehen hatten. Der imposante Regierungspalast wurde 1906 im Kolonialstil als Palast für den Generalgouverneur von Indochina errichtet. Er ist herrlich restauriert und wird für offizielle Empfänge genutzt. Leider kann der Palast nicht besucht werden. Als wir durch den dichten Verkehr endlich die beiden Seen erreichten, begann die Abenddämmerung. Das Licht der hereinbrechenden Nacht zeigte das Wasser und die angrenzende Skyline von einer neuen Seite. Es bedurfte eines weiteren langen Fußmarsches, um in die Altstadt zu gelangen, wo wir uns in ein Restaurant mit Blick vom ersten Stock auf das wirre Treiben der Straße setzten. Der Rückweg zum Hotel führte uns durch den überbevölkerten Nachtmarkt. Ich sah mich um, und konnte nicht erkennen, was es hier so viel zum Schauen oder Kaufen gab. Die meisten Waren erschienen mir von minderer Qualität und völlig uninteressant.

Leider reisten meine beiden Bekannten am nächsten Tag weiter in Richtung Thailand. Es wäre fein gewesen, noch das Eine oder Andere gemeinsam zu unternehmen. Ich selber blieb diesen und den folgenden Tag im Wesentlichen im Hotel und erledigte meine Office-Arbeit. Meinen kommenden Aufenthalt auf einer Insel in der Nähe der Ha Long Bucht hatte ich ebenfalls bereits gebucht. Ich wollte dem lauten Hanoi für einige Zeit den Rücken kehren.
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